von Anna-Lena Schluchter. Frau Schluchter arbeitet als Projektbeauftragte in der Abteilung “Gender and Security” beim Geneva Centre for the Democratic Control of Armed Forces (DCAF) in Genf. Sie hat Politikwissenschaften, Geschichte und Internationale Beziehungen an der Universität Zürich und am Hochschulinstitut für internationale Studien und Entwicklung (IHEID) in Genf studiert. Ich danke der Autorin für die Erlaubnis einer Zweitveröffentlichung des ursprünglich bei “foraus” publizierten Artikels.
Das Schweizer Volk will nichts von einem NATO-Beitritt wissen, trotzdem kooperiert die Schweiz eng mit der NATO – nicht nur mit Kontingenten im Kosovo, sondern auch in ganz unerwarteten Bereichen.
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ist sich einig: Als neutrales Land gehört die Schweiz nicht in das nordatlantische Militärbündnis NATO. Laut der aktuellsten Sicherheitsstudie der ETH Zürich sind nur 19% der Schweizerinnen und Schweizer für einen Beitritt zum Sicherheitsbündnis (siehe Statistik oben). Trotzdem profitiert die Schweiz von der NATO, nicht zuletzt da sie durch ihre geografische Lage komfortabel in den NATO-Schutzschirm eingebettet ist, und sie kooperiert als Partnerstaat seit 1996 mit der Militärallianz. Dabei setzt die Neutralität zwar Grenzen – eine Verpflichtung zum militärischen Beistand im Kriegsfall ist ausgeschlossen – aber sie erlaubt trotzdem eine vielseitige Form der Mitwirkung. Die wohl bekannteste Zusammenarbeit mit der NATO ist sicherlich der Swisscoy-Einsatz in Kosovo, mit dem die Schweiz unter UNO-Mandat seit 1999 mithilft, die Sicherheit im Westbalkan zu gewährleisten.

Bilaterales Treffen zwischen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport sowie Bundesrat Didier Burkhalter, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten anfangs März 2017.
Weitaus weniger bekannt, sind die stilleren Engagements bei der NATO, die dafür sehr den traditionellen Arbeitsmethoden der schweizerischen Aussenpolitik entsprechen. So hat die Schweiz beispielsweise den Event “NATO Engages: The Brussels Summit Dialogue” als Partnerstaat finanziell unterstützt. Diese Veranstaltung fand parallel zum Gipfeltreffen der NATO Staats- und Regierungsschefs im Juli statt und wollte den Austausch mit der Zivilgesellschaft stimulieren. Zusammen mit einem Schweizer Regierungsvertreter durfte ich daran als sogenannte “Next Generation Delegate” teilnehmen und war zugegebenermassen etwas “starstruck” angesichts des hochkarätigen Aufgebots an Präsidenten, PremierministerInnen, AussenministerInnen und VerteidigungsministerInnen, die sich neben dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und einer Vielzahl an ExpertInnen über zwei Tage mit einem jungen, diversen jedoch amerikanisch dominierten und etwas elitären Publikum austauschten. Die Gespräche waren intim, die Fragen und Antworten teils provokant. Wie das Gipfeltreffen selber war auch diese Veranstaltung von US-Präsident Donald Trumps hervorragend inszeniertem Geplänkel und einer starken Anti-Russland-Rhetorik geprägt. Austausch ja, Dialog unter Gleichgesinnten ja – aber alles hat seine Grenzen. Ein echter Dialog im Rahmen einer solchen Veranstaltung würde meiner Meinung nach eben auch den Austausch mit Russland erfordern. Was jedoch positiv auffiel, war nicht nur die fast ausgeglichene Teilnahme von Männern und Frauen im Publikum, sondern auch, dass wir keinen ausschliesslichen Männer-Experten-Runden ausgeliefert waren: Denn ja – es gibt sie tatsächlich, die Expertinnen in den Bereichen Sicherheit, Militär und Abrüstung. Dies entsprach ganz dem langjährigen Engagement der Schweiz für die Teilhabe von Frauen in der Sicherheitspolitik und Friedensförderung.
Nicht neutral gegenüber der Partizipation von Frauen in der Sicherheitspolitik
Dieses Engagement basiert auf der im Jahre 2000 verabschiedeten Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates und den Folgeresolutionen zu “Women, Peace and Security” (WPS), welche zum ersten Mal die Erfahrungen und Rolle der Frauen in Konflikt und Friedensförderung thematisierten. Die Resolutionen zu WPS verfplichten Staaten und andere Akteure folgende Punkte umzusetzen:
- stärkere Partizipation von Frauen in der Prävention, Friedensförderung und Sicherheitspolitik;
- Schutz der Rechte von Frauen und Mädchen während und nach Konflikten sowie Prävention von genderspezifischer Gewalt;
- stärkere Gender-Perspektive in der Nothilfe, im Wiederaufbau, in der Vergangenheitsarbeit sowie in der Konfliktprävention.